Kommentar: Herr Wagishauser, Frau Hübsch und ihre ganz eigene Sicht der Wahrheit / 04. November 2015

Am 02. November 2015 erschien in der WELT ein Artikel über den Prozess in Darmstadt, in dem ein wenig versucht wurde, über die Ahmadiyya-Gemeinde zu berichten, deren Mitglieder Asadullah und Shazia Khan ihre eigene Tochter am 27. Januar 2015 getötet hatten und nun vor Gericht stehen. Da ich für peri e.V. den Prozess vom ersten Tag an begleitet habe und mit Interesse die Zeugenaussage des Herrn Wagishauser (immerhin Vorsitzender der Ahmadiyya Deutschland) und des Darmstädter Imams anhörte, muss ich gestehen, dass mich oben genannter Bericht fassungslos macht.

 

Von den Angaben der zitierten Wagishauser und Hübsch zum konkreten Prozess stimmt nahezu nichts

 

Dies beginnt schon bei der Darstellung der angeklagten Eltern: „Die Eltern seien zwar formal Ahamdiyya-Anhänger gewesen, hätten aber ganz offensichtlich die Lehre nicht verinnerlicht." Herr Wagishauser möge sich doch bitte seine eigene Aussage noch einmal vor Augenhalten: Er selber erklärte, dass der angeklagte Vater in der nationalen Leitung der Unter-Organisation „für die älteren Herren ab 40“ tätig war! Unter „formalen Anhängern“ stellt man sich wohl eher „Karteileichen“ vor, und das waren die angeklagten Eltern ganz offenkundig und nach Aussagen aller Zeugen eben nicht.

 

Sie hätten die Lehre nicht verinnerlicht, ist schlicht und ergreifend gelogen. Die angeklagten Eltern haben diese Lehre viel zu sehr verinnerlicht. Herr Wagishauser hat im Prozess sehr schön dargelegt, unter welchem Druck zum einen erwachsene, unverheiratete Kinder (besonders natürlich Frauen) stehen und zum anderen deren Eltern. Herr Wagishauser hat im Gerichtssaal erklärt, ob Mädchen und Jungen vorehelichen Geschlechtsverkehr haben oder sich nur treffen, das mache keinen Unterschied, „das ist im Islam gleich“. Es geht also gar nicht um pakistanische Traditionen, wie nun behauptet wird, sondern laut Wagishauser um islamische Regeln. Um derartige Treffen in geordnete Bahnen zu lenken, sei eine sofortige Heirat zu vollziehen. 

 

Von den Eltern wird verlangt, dass sie sich zwischen ihren Töchtern oder der Gemeinde entscheiden. Zumindest wird verlangt, dass die Eltern Probleme mit den Kindern der Gemeinde nicht verschweigen, denn wenn sie sie verschweigen und sie dringen an die Öffentlichkeit, dann werden auch die Eltern aus der Gemeinde ausgestoßen – auch dies keine pakistanische Regel, sondern eine der Ahmadiyya.

 

Dass eine Frau Hübsch unter dieser Prämisse es wagt, etwas über den wichtigen Wert der Familie bei den Ahmadis zu äußern, ist eine Unverfrorenheit sondergleichen. Laut Wagishauser ist es die Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu verstoßen, wenn sie nicht den von Ahmadiyya auferlegten Regeln Folge leisten. Und Fau Hübsch mag sich das Bekenntnis der Ahmadiyya genau durchlesen: dort wird verlangt, dass der Glaube über den eigenen Kindern steht.

 

Ja, die Eltern von Lareeb fühlten sich offenbar verloren. Aber keineswegs, weil sie nicht in Pakistan lebten, sondern weil ihr einziger Kontakt außerhalb der Familie die Ahmadiyya-Gemeinde war, die jeglichen Kontakt zwischen einem unverheirateten Mann und einer unverheirateten Frau als „gegen den Islam“ bezeichnete. 

 

Brigitta Biehl
2. Vorsitzende peri e.V.
Darmstadt, 04.11.2015
 
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