Gerichtsbeobachtungen von peri e.V. zum Ehrenmord-Prozess im Fall Lareeb Khan / 09. Oktober 2015

Am 09. Oktober 2015 fand der dritte Verhandlungstag im Ehrenmord-Prozess in Darmstadt statt. Den angeklagten Eltern wird vorgeworfen, ihre erst 19-jährige Tochter Lareeb getötet zu haben.

 

Die Kommilitonin des Freundes Raheel

 

Am 3. Verhandlungstag wurde zunächst eine frühere Kommilitonin von Lareebs Freund Raheel als Zeugin angehört. Sie beschrieb Lareeb als nette, offene Frau. Sie berichtete, dass sie einmal mit Lareeb zusammen im Auto gesessen hatte und auf Raheel gewartet hatten, der gerade sein Freitagsgebet verrichtete. Da habe ihr Lareeb davon erzählt, wie schlecht sie von ihren Eltern behandelt wurde: Keiner redete mit ihr, sie wurde geschlagen, man aß nicht mit ihr zusammen. Der Tisch sei immer nur für 3 Personen gedeckt gewesen: für den Vater, die Mutter und die jüngere Schwester. Lareeb hätte geweint, als sie von dieser Behandlung berichtet hatte, und hätte die Zeugin häufiger gefragt, wie deren Eltern denn mit ihr umgingen.

 

Die Zeugin hatte wohl auch die blauen Flecke gesehen, Lareeb solle auch mit dem Gürtel geschlagen worden sein.

Die Zeugin hatte Lareeb wohl angeboten, dass sie zu ihr und ihrer Familie kommen könne, aber das hätte Lareeb nicht gewollt, weil sie ihre Eltern nicht bloßstellen wollte.

 

Das Problem des jungen Paares sei es gewesen, dass Lareebs Eltern keine Heirat wollten; vermutlich sei ihnen Raheel nicht religiös genug gewesen. In den Augen der Zeugin war Raheel religiös genug, wenn vielleicht auch nicht so religiös wie Lareeb, die kein Morgengebet versäumte. Und trotz eines Gesprächs, das die Gemeinde mit den Angeklagten geführt hatte, seien diese mit der Heirat nicht einverstanden gewesen.

 

Der Vorsitzende Richter fragte die Zeugin nach einer Äußerung, die sie bei der polizeilichen Vernehmung getätigt hatte: Sie hätte Angst vor dieser Zeugenaussage gehabt und hatte daher am Vorabend den Imam angerufen, was sie denn tun solle. Der habe dann gesagt, sie solle alles wagen, was sie wisse, aber auch nur das, und nicht das, was ihr eingeredet werde.

 

Da sie aber auch schon in der Gemeindezeitung gelesen hatte, dass die angeklagten Eltern aus der Gemeinde verbannt worden seien, hätte sie sich schon gedacht, dass die Gemeinde nichts gegen eine Aussage hätte. 

 

Was dies nun mit ihrer Bereitschaft zur Aussage zu tun hatte, vermochte die Zeugin allerdings nicht zu erklären. 

 

Auf die Frage eines Verteidigers, wie die Eltern der Zeugin reagieren würden, wenn sie erführen, dass ihre Tochter vorehelichen Geschlechtsverkehr hätte, meinte die Zeugin, die Eltern wären sicher enttäuscht, würden sie aber niemals schlagen. Ferner sagte die Zeugin: „Wenn Du jemanden liebst, dann darfst Du ihn auch von der Gemeinde aus heiraten."

 

Im Dezember hätten beide dann erzählt, dass sie nun doch heiraten durften.
 
Die Klassenkameradin von Lareeb und eine weitere Kommilitonin

 

Danach wurde eine Klassenkameradin von Lareeb gehört, die ihr wohl einmal –für die Zeugin überraschend- gesagt hatte, sie, Lareeb, sei jetzt verlobt und ihre Eltern wüssten das jetzt.

 

Die Zeugin war über diese Aussage sehr erstaunt, denn eigentlich arrangieren die Eltern alles: 
die Eltern des Paares reden miteinander, planen die Verlobung, besorgen die Ringe usw. Insofern hätten sie (in den Augen der Zeugin) ja sowieso von der Verlobung wissen müssen.

 

Als weitere Zeugin wurde noch eine Kommilitonin von Raheel gehört, die Lareeb ebenfalls durch Raheel kennengelernt hatte. Sie hatte ebenfalls mitbekommen, dass Lareeb mit ihren Eltern Probleme hatte. Warum Lareebs Eltern mit Raheel nicht einverstanden waren, konnte sich die Zeugin nicht erklären: „Es gibt ja manchmal Probleme mit der Religion, aber hier waren doch beide in der gleichen Gemeinde.“ Grund sei vielleicht gewesen, dass Lareebs Eltern Raheels Eltern nicht kannten.

 

Die Zeugin sagte auch noch, grundsätzlich sei es ja so, dass wenn man hört, „Ihre Tochter wurde mit einem Jungen gesehen“, dann sei das nicht schön für die Eltern.

 

Lareeb sei in der Gemeinde sehr aktiv gewesen, Raheel hätte durch den Einfluss von Lareeb auch angefangen zu beten. 

 

Der Vater des Freundes Raheel

 

Anschließend wird noch einmal der Vater von Raheel angehört. Er berichtete, dass Wagishauser ihn am Mittwoch (an Lareebs Todestag) gegen 14:30 angerufen hatte und ihm gesagt hatte, der Kalif hätte entschieden, er, der Zeuge, müsse jetzt in das Büro kommen, weil er, Wagishauser, einen Bericht schreiben müsse. Schon 2Wochen vorher sei ein Brief mit einem Briefkopf aus Frankfurt bei ihm, dem Zeugen, angekommen, in dem es hieß, Lareeb und Raheel müssten jetzt so schnell wie möglich heiraten. Dies hätte der Kalif entschieden. Der Zeuge hatte das nicht ernst genommen, weil er sagte, ein Schreiben vom Kalifen hätte ja einen Londoner Stempel haben müssen und nicht einen Briefkopf aus Frankfurt. 

 

Er sei dann zu einem Gespräch bei Wagishauser gewesen, bei dem dieser sagte, wenn Lareeb und Raheel jetzt nicht heirateten, dann bekämen sie von der Gemeinde eine Strafe. Darauf hätte er, der Zeuge gesagt, dann möge man doch den Imam holen, dann könnten die beiden sofort heiraten. Der Imam hätte dann aber erklärt, nein, so ginge das nicht, es müsse mit einer großen Zeremonie geheiratet werden.  Eine solche hätte der Zeuge aber nicht bezahlen können. Darauf der Imam wieder: Wenn bis Donnerstag nichts passiert, gibt es für alle eine Strafe.“

 

Der Zeuge sagte noch, wenn Raheel heiraten wolle, dann sei er damit einverstanden, eine Heirat „sei ja nichts Einfaches“, nur eine Zeremonie konnte er sich nicht leisten. Warum der Imam auf einer großen Zeremonie bestand, konnte sich der Vater nicht erklären.

 

Der Richter las dem Zeugen dann aus einem Vermerk der Staatsanwaltschaft vor, wonach er gesagt habe, es gibt hier genug Imame, warum müssen sie einen aus Pakistan holen. Diese Einstellung bekräftigte der Zeuge auch heute: „Sie meinen, sie können mir vorschreiben, wie ich hier zu leben habe. Meine Kinder sind hier geboren und zur Schule gegangen, da kann kein Pakistani mir Vorschriften machen.“ 

 

Der Zeuge schonte auch sich selber nicht und berichtete, dass er seinen Sohn geschlagen habe, als Lareebs Vater ihn angerufen hatte (sich als „jemand von der Gemeinde“ vorstellend) und sagte, dass sein Sohn (Raheel) nicht zur Uni ginge und das Mädchen „nicht zur Schule ließe“. Er habe Raheel Vorwürfe gemacht, weil er das Mädchen nicht in Ruhe ließe. Wenn das so weiterginge, könne er Probleme mit der Polizei bekommen.

 

Sein Ziel als Vater sei es, dass der Sohn sein Studium beendet und einen guten Beruf ergreift, in dem er erfolgreich sei. 

 

Er wollte sich dann für die Ohrfeigen entschuldigen, man könne eben nichts gegen die Liebe machen und „wir sind ja für die Kinder da“. Raheel hätte gesagt, für ihn sei es kein Problem, 2 oder 3 Jahre zu warten, aber Lareeb hätte viele Probleme zu Hause.

 

Sowohl Lareebs Vater als auch der Imam hätten mehrfach bei ihm, dem Zeugen, angerufen; „das nervt irgendwann.“ 

 

Auf die Frage des Richters, ob der Zeuge in letzter Zeit auch Kontakt zu Wagishauser gehabt hätte, bejahte dieser; es sei dabei um die Strafe gegangen, mit der er, seine Frau und sein Sohn von der Gemeinde belegt worden sind, wohl, weil sie nicht schnell genug der Heirat zugestimmt hätten. Hier zeigt sich der Zeuge gekränkt: Er sei in Karlsruhe in dem Sicherheitsteam für den Kalifen gewesen zu einem Zeitpunkt, als Wagishauser noch zu jung gewesen sei, „und jetzt darf ich nicht mehr reinkommen.“ 

 

Bis heute dürfte weder seine Frau noch Raheel noch er selber ins Gebetshaus.

 

Er hätte auch an den Kalifen geschrieben, dass man ihn mit einer Strafe belegt hätte; der Brief sei zurückgekommen, er möge sich an Frankfurt werden. Wagishauser hätte nun wiederum erklärt, er müsse sich an den Kalifen wenden. 

 

Als der Verteidiger dem Zeugen vorhält, dass er gesagt haben solle, wenn das Mädchen schon vor der Ehe Sex hatte, woher weißt Du, dass sie dir später treu ist, empört sich der Zeuge, dass „dieses Wort“ (gemeint ist „Sex“) von ihm nicht benutzt wird und auch nicht in einem Gespräch mit ihm benutzt werden solle: „Wir benutzen dieses Wort nicht."

 

Inhaltlich sei es ihm darum gegangen, dass das Mädchen ja schon nicht auf seinen Vater hörte, wie viel weniger würde es auf ihn hören, den Schwiegervater? Man wisse dann ja nicht, wem das Kind „gehörte“.

 

Der Sachverständige

 

Der dann als Sachverständiger gehörte Molekularbiologe berichtete über die von ihm ausgewerteten DNA-Spuren: Es befanden sich am Hals Hautpartikel, die dem Vater zugeordnet werden konnten.

 

An Lareebs Fingernägeln gab es Anhaftungen von männlicher DNA, die dem Vater zugeordnet werden konnte, von Lareeb selber, als auch von einer weiteren weiblichen Person.

 

Dies könnten die Mutter oder die Schwester sein. Diese Spuren können zum einen entstanden sein, wenn diese weitere weibliche Person in die Abwehrhandlung einbezogen war (wenn Lareeb also, während sie sich gegen das Würgen wehrte, auch diese weitere Person berührte), es gebe aber gerade im engeren Familienumfeld durchaus auch normal erklärbare Ursachen: wenn z. B. die gleiche Nagelfeile benutzt wurde.  Hätte das Opfer abends geduscht, wären diese Spuren aber wieder verschwunden; hätte es danach noch einmal die Nägel gefeilt, wären sie wieder aufgetaucht.

 

Die Mutter als treibende Kraft?

 

Anschließend wurde noch einmal Lareebs Freund angehört, an den zwar niemand mehr Fragen hatte, der dann aber von sich aus ein Statement abgeben wollte: Nach seiner Meinung sei die Mutter die treibende Kraft bei dieser Tat gewesen, denn sie habe Lareeb das meiste Leid zugefügt. Lareeb hätte sich in den Schulpausen mit der Mutter am Luisenplatz treffen müssen, sie musste pünktlich um 16 Uhr zu Hause sein. Anfang November hätte die Mutter alles weggenommen; sie hätte nur noch wenige Schuhe und Kleidung gehabt. Ihre Wäsche sei nicht mehr gewaschen worden, sie hätte kein Essen mehr bekommen.

 

Der Vater hätte weniger damit zu tun gehabt; die Mutter hätte allerdings auch jegliche Kontaktaufnahme zwischen Lareeb und ihrem Vater boykottiert. 

 

Auf die Frage des Verteidigers, ob der Zeuge Lareebs Schwester Needa dieses schlechte Bild der Mutter eingeredet hätte, erklärte der Zeuge, er hätte an Needa nur zwei Fragen gestellt, die diese jeweils bejaht hätte, nämlich ob sie die Handverletzung gesehen hätte und ob es stimmte, dass die Mutter Lareeb einen Apfel an den Kopf geworfen hätte.  

 

Der Imam Tahir als Zeuge und die Rolle der Gemeinde

 

Zum Abschluss dieses Verhandlungstages wurde der Zeuge Tahir gehört, der als Beruf „Imam“ angibt und als Lehrer und Dolmetscher (Urdu und Bulgarisch) arbeitet; für seine Aussage muss ein Dolmetscher hinzugezogen werden. Er stammt aus Pakistan. 


Um es vorwegzuschicken: diese Vernehmung gestaltet sich äußerst anstrengend, auch für die Zuhörer, ist sie doch ganz offenkundig von dem Wunsch des Zeugen geprägt, sich selber als „ahnungslos“ darzustellen und daher auf Fragen mit Sätzen zu antworten, die wenig mit der Frage zu tun haben (frei nach dem Motto: Heute ist es kälter als draußen). 

 

Er bestätigte, Lareeb und Raheel zu kennen und auch, dass er eine Mail von Lareeb bekommen habe, in der sie darstellt, dass sie zu Hause geschlagen und schlecht behandelt wird. Er hätte dann alle zum Gespräch eingeladen, und in Anwesenheit der Eltern hätte Lareeb erklärt, sie sei nie geschlagen worden. Er sei mit Lareeb dann in ein Nebenzimmer gegangen, wo sie bekräftigte, dass ihre Eltern sie nicht geschlagen hätten; die Mail sei nicht von ihr. 

 

Auf die Frage des Richters „Und, war das wahr“ erwiderte der Zeuge: „Ich glaube das, was sie mir gesagt hat, ich habe keinen Grund zu zweifeln." Seine Aufgabe sei es, als Imam die Wahrheit zu wissen; er hätte Lareeb auch gesagt, sie solle ihre Eltern respektieren.


Der Richter insistierte: es handele sich ja nun um eine sehr detaillierte Schilderung eines ganz konkreten Sachverhalts – wer hätte das denn sonst wissen können und schreiben können? 
„Vielleicht hat sie mir nicht die Wahrheit gesagt.“

 

Frage des Richters: „Die 2. Mail wurde von Ihrem PC und unter Ihrer Mail-Adresse geschickt. Haben Sie sie diktiert?“
Antwort: „Sie wollte sie nicht von ihrem eigenen Mail-Account schicken." 
„Warum? Waren Sie der geistige Urheber der Mail?“ Die Frage bleibt unbeantwortet.

 

Frage: „Was heißt, Respekt gegenüber den Eltern bezeugen? Z.B. bezichtige Deine Eltern nicht, Dich zu schlagen? Dürfen Kinder öffentlich sagen, meine Eltern haben mich geschlagen?“
Antwort: „Ja“.

 

Frage: „Was verlangt denn Respekt, wenn sie sagt, sie hat das gar nicht gesagt?“
Antwort: „Ich dachte, vielleicht sagt sie mir ja nicht die Wahrheit, wenn die Eltern in der Nähe sind.“

 

Frage: „Warum sollte Lareeb in der 2. Mail etwas anderes schreiben?“
Antwort: „Ich war mir nicht sicher." 

 

Der Richter wies darauf hin, dass es reichlich unlogisch ist, die Beteiligten zu Wagishauser zu schicken, wenn die Mail doch gar nicht von Lareeb geschrieben wurde.

 

Frage: „Was haben die Eltern gesagt?“
Antwort: „Dass sie Lareeb nicht geschlagen hätten.“

Lareeb hätte gesagt, die Mail hätte keine Bedeutung, das stimme alles nicht. 

 

Der Zeuge wurde dann zur Struktur der Gemeinde befragt: Er sei ursprünglich in Frankfurt tätig gewesen, dann von Wagishauser nach Darmstadt geschickt worden. Der Angeklagte Khan sei „Amtsinhaber einer Nebengesellschaft“ gewesen. Ob er auch Kassierer war, wusste der Imam nicht; ob dieses Amt ihm schon vor dem Vorfall abgenommen worden war, wegen einer angeblichen Unterschlagung, wusste der Zeuge auch nicht. Er konnte sich auch nicht erinnern, ob in seinem Büro ein Foto hängt, das den Angeklagten zeigte. 

 

Auf den Vorhalt, ob er Raheels Vater ein Foto des Angeklagten gezeigt hatte, konnte sich der Zeuge ebenfalls nicht erinnern. Immerhin wusste er noch, dass es Kontakt zum Kalifen in London im Dezember 2014 gegeben hatte, aber auch hier das gleiche Spiel:

 

„Hatten Sie Kontakt zum Kalifen?“ – „Ja.“
„Wann?“ – im Dezember“.
„Wie wurde dieser Kontakt aufgenommen?“ – „Ich selber hatte den Kontakt nicht, aber das Büro“.
„Sie haben das gerade anders gesagt.“ – „Ich meinte das Büro. Wir haben ein System, das wir jeden Monat einen Bericht an den Kalifen schreiben“.

 

In dem Bericht sei über beide Familien geschrieben worden: dass die Dame aus dieser Familie (Khan) den Jungen heiraten möchte, die Eltern der Frau seien einverstanden, die Eltern des Mannes nicht. Die Khans haben immer zugestimmt, Raheels Vater erst ganz zum Schluss.

 

Der Zeuge wurde sodann nach der Strafe, die über Raheels Eltern und diesen verhängt worden war, befragt. 

 

Warum sind sie bestraft worden? „Die Strafen sind das Ergebnis ihrer eigenen Taten.“
„Welcher?“ „In der ersten Besprechung habe ich vorgeschlagen, dass die Eltern von Raheel ihre Zustimmung zur Heirat erteilen sollten, aber beide haben Nein gesagt. Dann habe ich mit Raheel gesprochen. Im Islam braucht der Mann die Zustimmung der Eltern nicht.“

 

Nun zeigte sich der Richter verständnislos: Wo war denn das Problem, wenn im Islam der Mann die Zustimmung nicht brauchte, die Eltern der Frau zugestimmt hatten – was hat dann die Heirat gehindert?

 

Der Zeuge meinte, als er das gesagt habe, hätte Raheel gesagt, er wolle aber die Zustimmung seiner Eltern haben, ohne diese wollte er nicht heiraten. Die Eltern Khan wären 100% einverstanden gewesen.
 
Warum denn auch Raheels Mutter bestraft worden sei? Da fiel dem Zeugen dann ein, dass er ja mit der Strafe gar nicht zu tun hatte. Er wusste aber noch, dass bei einer Versammlung Raheels Mutter zu Lareeb gesagt hatte, keinesfalls wollte man sie in die Familie aufnehmen.

 

Frage des Richters: „Nun soll der Herr Khan seine Tochter getötet haben und er sagt das ja selber. Warum?“
Zeuge: „Das ist sehr schmerzhaft“.

 

Frage: „Warum hat er sie getötet?“
Antwort: „Das hat mit dem Islam nichts zu tun. Das hat vielleicht etwas mit der Kultur von Pakistan und Indien zu tun. Der Vater hat mir gesagt, er hat sie nie geschlagen und er werde sie nicht schlagen.“

 

Frage: „Wurde die Familie von Raheel unter Druck gesetzt, der Heirat zuzustimmen?“
Antwort: „Wir können nur bitten. Der Kalif hat die Heirat gewünscht. Wir haben keinen Druck ausgeübt, wir wollten nur überzeugen.“

 

Frage: „Was passiert mit Frauen, die vorehelichen Sex haben?“
Antwort: „In solchen Fällen bitten wir um Heirat.“

 

Frage: „Sind dafür Strafen vorgesehen?“
Zeuge: „Sie haben sich damit selber bestraft. Das kann von Fall zu Fall anders sein.“

„Dann schildern Sie doch mal unterschiedliche Fälle.“
Zeuge: „Es wird richtig ermittelt, wenn eine Frau mit eigenem Willen Sex hat, dann hat sie nichts mehr mit der Gemeinde zu tun.“

 

Frage: „Sie wird also verstoßen?“ 
Antwort: „Ja.“
Frage: „Und die Familienangehörigen?“
Antwort: „Die haben damit nichts zu tun."
Frage: „Aber die Mutter von Raheel wurde bestraft?“
Antwort: „Die Mutter war immer dabei, wenn wir mit der Familie gesprochen haben.“
 
Fortschrittlich, integriert und die Strafen des englischen Kalifen

 

Der Vorsitzende Richter fragte dann noch, ob der Vorfall in der Gemeinde, die ja nach der öffentlichen Meinung als „fortschrittlich“ und „integriert“ gilt, diskutiert wird. 
Antwort: „Beide Familien hätten einander respektieren müssen.“


Auf die entsprechende Frage der Staatsanwältin erklärte der Zeuge, dass der Rat des Kalifen bindend, also eine Anweisung sei, er als Imam aber nur Ratschläge erteilen könne.


Der Zeuge windet sich dann noch ein bisschen beim Thema „Zustimmung zur Heirat“:
Der Mann braucht eine Zustimmung nicht. Die Frau hat „eigentlich“ das Recht, die eigene Zustimmung zu geben. Die Frau „soll“ ihren Eltern ihren Wunsch sagen, die dann ihre Zustimmung erteilen sollen. 


Wenn die Eltern nicht zustimmen, versucht die Gemeinde, die Eltern zu überzeugen, die Meinung der Dame zu respektieren. Entweder die Eltern oder die Gemeinde müsse ihre Zustimmung erteilen. Wenn eine Frau sich daran nicht hält, hat sie sich selber bestraft, sie ist dann (wie der Richter es formulierte) „aus dem System raus.“


Nochmals wurde nach den Strafen gefragt: Wer bestimmt die Strafen? 
Antwort: der Kalif in England. 
Die Staatsanwältin zeigte sich erstaunt: Der Kalif in England bestimmt weltweit die Strafen? 
Antwort: „Wir schicken den Bericht, der Kalif entscheidet."


Frage: „Wofür hat Raheel die Strafe bekommen?“  - Antwort: „Das kann nur Raheel Wissen.“

Frage: „Raheel weiß es aber nicht.“ – Antwort: „Wenn Raheel es nicht weiß, wie kann ich es dann wissen?“


Dem Zeugen wurde dann die Äußerung der angeklagten Mutter bei der Polizei vorgelesen, dass sie möglicherweise von der Gemeinde verstoßen werde, wenn die Tatsache, dass Lareeb vorehelichen Sex hatte, öffentlich wird. 


Richter: „Wäre das so?
Zeuge: „Warum soll sie bestraft werden?“


Richter: „Was wäre passiert, wenn man von den Kondomen gewusst hätte?“
Zeuge: „Laut der Lehre des Islam dürfen die Eltern nicht schlagen, wenn die Tochter etwas falsch macht.“


Richter: „Sind Khans geschult im Islam?“
Zeuge: „Wenn die Tochter etwas gemacht hat, dürfen die Eltern nicht bestraft werden.“


Richter: „Wie kommt Frau Khan denn darauf?“ 
zeuge: „Das muss Frau Khan selbst beantworten“.


Auf die Frage des psychiatrischen Sachverständigen berichtet der Zeuge, dass er die Khans so 2x wöchentlich gesehen habe.


Die Frage nach deren Gemütszustand vermochte der Zeuge nicht zu beantworten: Sie hätten manchmal geweint, aber dann sei es wieder gut gewesen. Ein größerer Konflikt sei nicht erkennbar gewesen.

 

Das Verfahren wird am 13.10.2015 fortgesetzt.

 

Brigitta Biehl
2. Vorsitzende peri e.V.
Darmstadt, 09.10.2015
 

Kontakt für weitere Informationen:
Pressestelle peri e.V.
Bachgasse 44
D-69469 Weinheim
E-Mail: kontakt(at)peri-ev.de
Internet: www.peri-ev.de