Gerichtsbeobachtungen von peri e.V. zum Ehrenmord-Prozess im Fall Lareeb Khan / 26. November 2015

Am 26. November 2015 fand der achte Verhandlungstag im Ehrenmord-Prozess in Darmstadt statt. Den angeklagten Eltern wird vorgeworfen, ihre erst 19-jährige Tochter Lareeb getötet zu haben.


Am heutigen Verhandlungstag wurde zunächst der Dolmetscher als Zeuge gehört, der bei der polizeilichen Vernehmung der Frau Khan übersetzt hatte. Es war schnell zu merken, dass dieser Zeuge ein besseres Deutsch sprach als mancher der Übersetzer, die bislang in diesem Verfahren aufgetreten sind, auch wenn er, wie er selber sagte, über kein Übersetzerdiplom verfügt. Er war Elektroingenieur, das Studium hat er –natürlich auf Deutsch- an der TH Aachen studiert. Mehrfach hat er auch schon bei Gericht übersetzt, sodass an seiner Qualifikation wohl kein Zweifel mehr bestand.


Er konnte sich allerdings nicht mehr an Einzelheiten der Übersetzung erinnern, wohl, dass er an zwei Tagen übersetzte und dass die Aussagen der Beschuldigten sich unterschieden. Er bestätigte auch, dass er der Angeklagten auch das Protokoll noch einmal übersetzt hatte; diesen Sachverhalt hatte die Angeklagte bestritten.
Mit der Entlassung dieses Zeugen wurde die Beweisaufnahme abgeschlossen.


Das Plädoyer der Staatsanwältin


Die Staatsanwältin beschrieb zunächst, dass zunächst alles „normal“ war: eine 19jährige Auszubildende, die einen Schulabschluss hat, religiös ist, sich an die religiösen Vorschriften hält – kurz eben eine Vorzeigetochter. Normal war letztlich auch, dass sie einen jungen Mann kennenlernte, sich in ihn verliebte und ihn sogar heiraten wollte.


Im Mai 2014 änderte sich dann all das Normale und Schöne, als die Mutter von der Beziehung erfuhr. Es gab Schläge, Misshandlungen, ein „Kalter Krieg“ brach aus, denn die Angeklagten konnten nicht akzeptieren, dass Lareeb sich selber einen Mann gesucht hatte.


Lareeb wandte sich an die Gemeinde und beschrieb in einer Mail diese Vorfälle, die die Angeklagte in der Verhandlung letztlich eingestanden hat. Die Gemeinde erkannte das Problem, jedoch wurden diese Schläge und Misshandlungen von der Gemeinde nicht thematisiert, sondern man ging gleich das Grundproblem an – und dieses war die Hochzeit.


Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass diese Hochzeit letztlich keiner (außer den unmittelbar Beteiligten, nämlich Raheel und Lareeb) toll fand und die Hochzeitswünsche unterstützte. Viele Gespräche führten zu keinem Ergebnis, wobei viele Zeugen bestätigten, dass auch die angeklagten Eltern mit der Heirat nicht einverstanden waren.


Lareeb widersetzte sich den Eltern und den Anweisungen der Gemeinde, die jeglichen Kontakt untersagt hatte; das junge Paar wollte seine Liebe auch körperlich ausleben. Aufgrund der fatalen Situation, dass Lareeb nicht wagte, Kondome zu kaufen, kam es zu dem Diebstahl, von dem die Eltern erfuhren. Nun war die Tochter also nicht nur aufmüpfig, sondern hatte auch außerehelichen Geschlechtsverkehr; das war nun gar nicht mehr zu tolerieren.


Die Staatsanwältin beschrieb dann das Vorgehen am Nachmittag vor der Tat, indem sie auf die Videoaufzeichnungen Bezug nahm: die von den Angeklagten abgegebene Begründung für das Aufspannen des Schirmes bereits in der Aufzugstür, der Gang zur Kamera und das Drehen dorthin lässt die Behauptung, man habe nur prüfen wollen, ob der Schirm funktionierte, unglaubhaft erscheinen.


Die Vorbereitungshandlungen wurden von beiden Eltern durchgeführt; so war auch der Rollstuhl am Vortrag von der Mutter zurückgeholt worden, obwohl sie selber nicht auf einen Rollstuhl angewiesen war. 


Auch die 2. Vorbereitungshandlung, nämlich Needa zur Tante zu schicken, war durch die Mutter erfolgt. An Needas Glaubwürdigkeit hatte die Staatsanwältin keine Zweifel; die These, dass die strengere Erziehung durch die Mutter zu den Beschuldigungen führte, sei unsinnig. Needas Aussagen bei der Polizei, dem Ermittlungsrichter und auch in der Hauptverhandlung seien bis auf eine Kleinigkeit, nämlich der ersten Behauptung, dass sie nie geschlagen worden sei, immer gleich gewesen.


Dagegen hatte die Angeklagten ihre Darstellung geändert: Hatten sie bei der Polizei noch geäußert, sie seien nach der Auseinandersetzung am Abend zu Bett gegangen, hätte sie vor Gericht dann gesagt, dass der Angeklagte unmittelbar so wütend geworden sei, dass er Lareeb angegriffen hatte. Dagegen spräche allerdings auch der objektive Befund, dass es keinerlei Abwehrverletzungen gab, die auf eine Kampfhandlung hindeuteten.


Und die Mutter stand dabei


Die Staatsanwältin sah beide Angeklagte als Täter an. Dass möglicherweise eine Rollenverteilung in der Form vorherrschte, dass der Angeklagte für die Arbeit, die Angeklagte für den Haushalt und die Erziehung zuständig war, bedeutet nicht, dass die Mutter regelmäßig in einem Unterordnungsverhältnis steht. Dagegen spricht, dass sie in der Gemeinde sehr aktiv war und dort ganz selbstständig ihre Aufgaben erledigte, dass sie selbstständig die Gespräche über Needa in der Schule führte – und letztlich hatte die Angeklagte auch in der Hauptverhandlung keinen unterwürfigen Eindruck gemacht, was i übrigen auch von der Polizistin und dem Psychiater bestätigt worden war. Die Angeklagte ist auch keineswegs ungebildet; „es sitzt hier niemand, der nur macht, was ihm befohlen wird und hinterherdackelt“.


Auch der Tatbeitrag der Angeklagten und ihr gleiches Interesse an der Tat sprechen dafür, dass sie nicht nur als Gehilfin aktiv war. Bei den Vorbereitungshandlungen war sie dabei oder hat sie allein durchgeführt. Bei der Tat selber war sie anwesend; würgen kann zwar nur einer, aber es müssen auch nicht alle Mittäter alles mitmachen. Auch das Nachtatverhalten spricht dafür, dass die Angeklagte die Tat vollständig mitträgt; selbst im Gericht hatte sie keine Reue geäußert.


Als Mordmerkmale liegen vor: Heimtücke (Lareeb schlief und musste nicht mit einem Angriff rechnen) und der „sonstige niedrige Beweggrund“, nämlich das sog. Ehrmotiv. Es stellt sich die Frage: „Wie kann man als Eltern sein eigenes Kind umbringen?“ Diese Tat steht gemessen an unseren Werten auf sittlich niedrigster Stufe und ist in höchstem Maße verachtenswert. 


Zwar war die Gemeinde unglaublich wichtig, ja lebensbestimmend, aber man hätte das Problem auch anders lösen können –man kann sich auch lossagen. Die Angeklagten lebten schon mehr als 20 Jahre in Deutschland, und dass sie wussten, dass sie mit der Tötung Falsches tun, zeigt sich schon an den Vertuschungsaktionen. 


Die Staatsanwältin beantragte für beide Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, weil die Tat an sich besonders verwerflich ist und weit von einem „normalen“ Tötungsdelikt entfernt. Beide Angeklagten hätten keine Reue gezeigt, sondern im Wesentlichen um sich selbst geweint, nicht um die Tochter. 

 

Das Plädoyer der Nebenklage


 Die Nebenklagevertreterin bezeichnete die Tötung des eigenen Kindes als die „schlimmste Tat“ und fragte, ob es für die Eltern keine andere Möglichkeit gab, den Verstoß gegen den Familien- bzw. Gemeindekodex zu ahnden. Die Kinder hatten in den Augen der Angeklagten zu gehorchen; wenn sie dies nicht taten, dann kam es zu körperlicher Gewalt (Schläge mit dem Stock gegen den Kopf). Mit der Beziehung zu Raheel begehrt Lareeb erstmals gegen ihre Eltern auf.


Nun war ihre Familie nicht mehr der Hort, ihr Rückzugspunkt; trotzdem hat sie ihre Eltern geliebt. 


Der Lösungsvorschlag der Gemeinde wurde von dem jungen Paar negiert, und nachdem auch die Anweisung des Kalifen zur sofortigen Heirat nicht ausgeführt wurde, reifte in den Angeklagten der perfide Plan, wenn Lareeb nicht durch Schläge und Verbote korrigiert werden kann, dann muss sie „eliminiert“ werden.


Auch die Nebenklagevertreterin sah die Eltern als Mittäter: Die Mutter wollte die Tat genauso wie der Vater, sie war immer dabei, wenn es relevant wurde (beim Abkleben der Kamera, beim Holen des Schirms und der „Trockenübung“).


Die Nebenklagevertreterin stellte die Frage: „Wie muss man als Vater drauf sein, minutenlang die eigene Tochter zu würgen?“ Als die Eltern nach der „Entsorgung“ der Leiche zurückkamen, wirkten sie „zufrieden mit sich und der Welt“; vor der Polizei wurde dann, als diese die Eltern vom Tod informierte, eine „Schmierenkomödie“ aufgeführt. 


Die Situation sei für die Angeklagten schwierig gewesen: Dass die Tochter plötzlich einen eigenen Kopf hatte, dass sie die Anweisungen der Gemeinde ignoriere und der letztlich unerwünschte Schwiegersohn – dies alles sei zwar schwierig, aber nicht so, dass es keine andere Handlungsoption gegeben hätte.


Kar sagte die Nebenklagevertreterin: „Ehrenwert sind Eltern, die zu ihren Kindern stehen und mit ihnen gemeinsam nach Lösungen suchen.“ 


Und sie wies darauf hin, dass Needa alles verloren hat: ihre Schwester, ihre Eltern, ihr Zuhause und einen großen Teil ihrer Kindheit.


Auch die Vertreterin der Nebenklage beantragte die Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.

 

Das Plädoyer des Verteidigers des angeklagten Vaters


Dieses Plädoyer beschäftigte sich in weiten Teilen mit rechtshistorischen und rechtspolitischen Erwägungen. Der Verteidiger wies darauf hin, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung im Bereich der sog. „Ehrenmorde“ im Laufe der Jahre geändert hatte: Stand noch in den 70er Jahren der kulturelle Hintergrund des Täters im Fokus, so werden heute die Anschauungen und Wertvorstellungen der Bundesrepublik Deutschland in den Mittelpunkt gestellt. 


„Dabei hören wir ständig, unsere Gesellschaft muss sich kulturell öffnen und andere Glaubensrichtungen müssen berücksichtigt werden“


In den Mittelpunkt muss der einzelne Täter stehen, und dabei reicht es nicht aus, dass dieser schon lange in Deutschland lebt und einen deutschen Pass hat. Es muss für jeden Einzelfall geprüft werden, ob der Täter in den Anschauungen seiner Kultur so verhaftet ist, dass er die hiesigen Vorstellungen nicht aufnehmen konnte.  


Der Angeklagte stammt aus Pakistan. Dort ist die absolute Benachteiligung der Frauen kodifiziert. Außerehelicher und vorehelicher Sex stehen unter Strafe: „Die werden dort getötet“. Zwar gibt es ein „honourkillingbill“, geändert hätte sich aber nichts. Man geht in Pakistan von 500 Ehrenmorden jährlich aus, die Dunkelziffer dürfte erheblich höher liegen. Das Phänomen des Ehrenmordes ist in Pakistan flächendeckend vorhanden.


In einem liberalen Staat werden den Menschen nun Freiräume zur Verfügung gestellt, in denen die Sitten des Herkunftslandes gelebt werden können, aber nur, wenn sie mit den hiesigen Regeln zu vereinbaren sind. 


Der Angeklagte hat die Wertvorstellungen der Ahmadiyya seit seiner Geburt verinnerlicht; als er mit 25 Jahren nach Deutschland kommt, kann er nicht einfach den Hebel umlegen. Sein Glaube war seine Welt. Die koranische Regel „kein Sex, keine Beziehung, keine Frau vor der Ehe“- all dieses hatte der Vater verinnerlicht. Auch als er nach Deutschland kommt, bleibt er in diesem Umfeld: Auch hier ist die Ahmadiyya-Gemeinde sein Halt, sodass es zu keiner Neu-Orientierung kommt. Immer ist es seine Religion und seine Gemeinde.  


Zwar ist er am Arbeitsplatz it Deutschen konfrontiert, aber ein Kontakt entsteht dadurch nicht – er ist dort wie eine Maschine.


Für den Angeklagten war sein Leben die heile Welt: Seine Eltern haben ihm seine Frau ausgesucht – das war für ihn völlig normal. Die Kinder wurden geboren, gingen in die Moschee, beteten mehrmals täglich – für den Angeklagten eben die heile Welt. 


Es gab für den Angeklagten keine fremden Begegnungen. Zuletzt war sogar sein Arbeitsplatz noch in der Gemeinde.


Nach ihrem Glauben, der für sie ja so wichtig war, hätten die Angeklagten dafür sorgen müssen, dass Lareeb ordentlich vermittelt wird. Durch die Treffen mit Raheel hatte sie nun gezeigt, dass sie nicht mehr so „lieb“ war. Für den Angeklagten gab es dann nur noch die Lösung: Heirat. Seine lösungsorientierten Ansätze, nämlich Kontakt zu Raheels Eltern zu bekommen, schlugen jedoch fehl. 


Nun geht Lareeb sogar nicht mehr zu Veranstaltungen der Gemeinde, handelt gar gegen deren ausdrückliche Anweisungen – damit hat sie aus der Sicht seiner Religion und seiner Gemeinde die Familienehre verletzt.


Im Islam ist es undenkbar, dass man an der eigenen Erziehung der Kinder zweifelt. Ein Affront war es auch, dass die Ehefrau vor dem Angeklagten als Familienoberhaupt den Brief versteckte. 


Der Verteidiger meinte dann noch, den Vergleich zu einem streng katholischen Vater im Bayerischen Wald ziehen zu müssen: „Gehen Sie doch mal in den Bayerischen Wald zu katholischen Vätern. Die fangen vielleicht auch noch an zu diskutieren über vorehelichen Geschlechtsverkehr“ (Anmerkung: ja, die diskutieren möglicherweise – das hat der Angeklagte nun überhaupt nicht getan!!) 


„Der Angeklagte ist kein normal sozialisierter Mensch, der lebt in seinem Ahmadiyya-Glaskasten.“


Bei der Frage, welche Aussage nun richtig war, die bei der Polizei oder die bei Gericht verweist der Verteidiger auf den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“. 


Bei einer allgemeinen sittlichen Würdigung muss auch die Sichtweise des Angeklagten berücksichtigt werden.


Ob die Tötung zu verhindern war? „Wenn wir uns für Immigration entschieden haben, dann haben wir vielleicht versagt, wenn Menschen in einer solchen Isolation leben“. 


Der Verteidiger warf dann Raheel vor, in welche Situation dieser Lareeb gebracht hatte: Warum hatte er nicht selber die Kondome gekauft? Er hätte darüber hinaus genauso wie sein Vater wissen müssen, welcher Konflikt durch sein und Lareebs Verhalten entsteht.


Auch zur Rolle der Ahmadiyya-Gemeinde trug der Verteidiger vor: Es sagt sich so leicht, das hat nichts mit dem Islam zu tun. Aber die Gemeinde hätte sicher strikter handeln können.


Nach Auffassung des Verteidigers liegen keine Mordmerkmale vor; da man nicht wisse, ob Lareeb geschlafen habe, dürfe man auch nicht einfach vom Merkmal der Heimtücke ausgehen.


 Der Verteidiger beantragt daher eine Verurteilung wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe, deren Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellt, wobei er darauf hinwies, dass der Angeklagte ja von Anfang an seinen Tatbeitrag zugegeben hatte.


Der Angeklagte habe auch Reue gezeigt und sich mit seiner Tat auseinandergesetzt (hier stellt sich zwangsläufig die Frage, warum der Angeklagte Reue zeigen sollte, wenn doch nach seinen Wertvorstellungen die Tötung die notwendige Reaktion auf Lareebs Verstoß gegen eine absolute Regel darstellt).  

 

Das Plädoyer des Verteidigers der angeklagten Mutter


Dieser hob darauf ab, dass die Mutter bei den diversen Vorbereitungshandlungen zwar körperlich anwesend gewesen war, aber nicht beteiligt. Wie ein roter Faden zog sich durch das Geschehen „ich habe mich ihm nicht widersetzt“. Die Eheleute haben in archaischen Familienstrukturen gelebt, und die Frau hat ihrem Mann immer Folge geleistet. 


Von den Vorbereitungshandlungen hat die Angeklagte nichts mitbekommen; sie war nicht wissend eingebunden. 


Auch hier wird auf die Herkunft abgehoben: Die Angeklagte ist in einem Dorf aufgewachsen und hat ihren Mann erst bei der Hochzeit kennengelernt. Dann wurde sie nach Deutschland gebracht, wo sie die Sprache nicht lernen durfte, sondern nur zu Hause zu sein hatte, um ihrem Mann das Essen zu machen und später die Kinder zu erziehen. Sie war immer unterdrückt; „er sagt ein Wort – sie macht; er guckt – sie macht“. „Wir sind konfrontiert mit einem geschlossenen Denksystem“.


Needas Aussage hatte eine eindeutige Belastungstendenz. Denn Needa will auf keinen Fall in dieses System zurück. Sie lebt jetzt in einer betreuten Einrichtung das ganz normale Leben einer hiesigen Jugendlichen. Beim Vater kann sie aufgrund seiner eigenen Aussage sicher sein, dass sie nicht zurück muss, bei der Mutter ist es fraglich. Dabei hatte Needa ja von den ganzen Konflikten nichts gewusst; sie wird von Raheel mit Informationen gefüttert.  Es ist zweifelhaft, ob Lareeb immer die Wahrheit gesagt hat.


Ohnehin haben „bestimmte Mentalitäten ein anderes Verhältnis zur Wahrheit als wir“ (was sich hauptsächlich auf Raheel und seinen Vater bezieht). Die Ahmadis sind nicht an objektiver Wahrheitsfindung interessiert, sondern nur um ihren Ruf besorgt; dieses Verfahren schadet ihnen ungemein. 


Der Verteidiger verweist auch noch auf den der pakistanischen Kultur immanenten Fatalismus, der auch die Angeklagte prägt: Wenn die Angeklagte ihren Mann und seine Tochter würgen sah, dann war das eben so. 


Eine lebenslange Freiheitsstrafe „tut meiner Mandantin Gewalt an“. Sie lebte ständig unter einer Käseglocke; man hat zwar in Deutschland gelebt, aber in einer anderen Wertvorstellung, keineswegs in zwei Wertsystemen. 


Bei Familie Khan hat die Integration nicht funktioniert, denn sie lebte in ihrer eigenen Welt, der Ahmadiyya-Gemeinde. Wären die Schnüre dorthin gekappt worden, hätte es gar keine Kontakte mehr gegeben. 


Es gab nie einen gemeinsamen Plan, denn die Eheleute redeten nicht miteinander. Die Angeklagte kann daher lediglich wegen Beihilfe zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden, die der Verteidiger ebenfalls in das Ermessen des Gerichts stellt.


Das „Letzte Wort“


Die Angeklagte erklärte laut weinend, dass Needa die Unwahrheit gesagt hat, dass sie Lareeb nicht verletzt hatte und dass sie Angst vor ihrem Mann hatte. Der Satz, auf den vermutlich alle warteten, fiel nicht – auch zum Schluss gab es kein Wort des Bedauerns über das, was vorgefallen ist.


Der angeklagte Vater erklärt ebenfalls laut weinend, er würde immer wieder so leben, wie er gelebt hat; allerdings bereue er die Tat.

 

Angesichts der fortgeschrittenen Stunde entschied das Gericht, die Urteilsverkündung auf den 01.12.2015 um 12:30 Uhr zu verlegen.

 

Brigitta Biehl
2. Vorsitzende peri e.V.
Darmstadt, 26.11.2015
 
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