Gerichtsbeobachtungen von peri e.V. zum Ehrenmord-Prozess im Fall Lareeb Khan / 16. November 2015

Am 16. November 2015 fand der siebte Verhandlungstag im Ehrenmord-Prozess in Darmstadt statt. Den angeklagten Eltern wird vorgeworfen, ihre erst 19-jährige Tochter Lareeb getötet zu haben.

 

Im heutigen Termin vor dem Landgericht Stuttgart wurden zum einen Briefe des angeklagten Vaters verlesen, die dieser sowohl an den Kalifen geschrieben hatte (mit der Bitte um ein Gebet für eine milde Strafe und dass das Gericht ihm gewogen sein möge) als auch an die Familie (mit der Bitte um einen Gebetsteppich). Letztere wurde vom Angeklagten darauf hingewiesen, dass sie nur schreiben sollten, wie es ihnen ginge, weil die Briefe in der JVA kontrolliert würden. Auch die Familie bat er um ein Gebet für sich und „möge Allah gut entscheiden“.


Ferner wurden Ausschnitte aus diversen Gutachten verlesen sowie der Untersuchungsbericht zur Auswertung u.a. des Mobiltelefons von Raheel. Interessantester Punkt hier eine auf seinem Handy am 28.01.2015 um 01:07 Uhr vom Mobiltelefon Lareebs eingehende Nachricht: „Ich kann nicht schlafen“. Dies war etwa die Zeit, in der es lt. Aussage der Eltern zu dem Streit gekommen sein soll.


Vorgelesen wurde ein weiteres Chat-Protokoll vom 05.11.2014, in dem Lareeb sich beklagte:

 

Lareeb: „Mama hat wieder alles weggenommen, bald habe ich nichts mehr.“ 

Raheel: „Wie, alles weggenommen?“ 
Lareeb: „Ja, als ich duschen war, ich habe jetzt nur noch alte Klamotten.“ 
Raheel: „Das Geld, was Du jetzt bekommst, gibst Du nicht Mama.“
Lareeb: „Ich muss es geben“.
Raheel: „Hat sie was gesagt oder nur die Sachen weggenommen?“
Lareeb: „Nee, sie redet nicht mit mir.“
Raheel: „Redet Papa normal.“
Lareeb: „Nee.“


Es wurden dann die Videoaufzeichnungen aus den Überwachungskameras in den Aufzügen und im Eingangsbereich des Hauses abgespielt, und man konnte verstehen, warum der Polizist, der am 2. Verhandlungstag von diesen Aufnahmen berichtete, auf den Gedanken kam, dass am Vortag eine „Generalprobe“ stattgefunden hatte:

 

Man sieht zunächst den Vater in den großen Aufzug steigen, gefolgt von seiner Frau, und unverzüglich etwas über die Kameralinse kleben (Einwurf des Verteidigers: „Man beachte die Blickrichtung meiner Mandantin“ – sie hatte die Augen zum Boden gerichtet). Unten angekommen, tritt eine Person mit geöffnetem Schirm aus dem Aufzug und geht Richtung Kamera (die sich entgegen der Gangrichtung zur Eingangstür befindet), den geöffneten Schirm so haltend, dass die Person, die ihn hält, nicht gesehen werden kann und auch nicht die weitere Person, die den Aufzug verlässt. Dies wird noch einmal wiederholt. 


Man sieht dann die Aufnahme vom Zeitpunkt, als die Leiche in den Fahrstuhl verbracht wurde (da die Wand offenbar verspiegelt ist, kann man trotz der verklebten Kameralinse erkennen, dass der Rollstuhl von 2 Personen in den Aufzug gezogen wird).


Die Kamera in der Eingangshalle nimmt dann auf, wie um 04:11 Uhr sich die Tür öffnet und eine Person mit geöffnetem Schirm den Aufzug verlässt, den Schirm immer in die Kamera haltend, sodass man die weiteren Vorgänge nicht mehr erkennen kann.


Man sieht dann noch, wie der Vater den Aufkleber vor de Kamera entfernt und später den Rollstuhl vom Erdgeschoss mit dem Aufzug hochbringt.
Verlesen wurde auch noch die Auskunft des Deutschen Wetterdienstes, dass es im Bereich Darmstadt am 27./28.01.2015 nicht regnete.


Am nächsten Verhandlungstermin, dem 26.11.2015, soll noch der Dolmetscher gehört werden, der bei der polizeilichen Vernehmung der Mutter übersetzt hatte. Hier steht die Frage im Raum, ob er korrekt übersetzt hat.


Ansonsten wird damit gerechnet, dass am 26.11.2015 dann auch plädiert wird.

 

Brigitta Biehl
2. Vorsitzende peri e.V.
Darmstadt, 16.11.2015
 
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