Prozessauftakt zum Ehrenmord an Arzu Özmen / 30. April 2012

TERRE DES FEMMES und Peri e.V. fordern: Keinen Kulturbonus für „Ehren“ - Mörder vor deutschen Gerichten! Besserer Datenschutz für von „Ehren“ - Mord bedrohte Frauen!

 

Berlin/Detmold, 30. April 2012. Mit einer Mahnwache vor dem Landgericht Detmold setzten TERRE DES FEMMES und Peri e.V. anlässlich des Prozessauftaktes zum „Ehren“-Mord an der 18-jährigen Arzu Özmen ein Zeichen gegen überkommene Ehrvorstellungen und forderten eine gerechte Bestrafung der Täter. „‚Ehren’-Morde sind als Morde aus niedrigen Beweggründen zu ahnden, wie es der Bundesgerichtshof bereits 1995 entschieden hat. Die TäterInnen dürfen vor deutschen Gerichten aufgrund ihres kulturellen Hintergrunds keinen Kulturbonus erhalten!“, mahnte Serap Cileli, erste Vorsitzende von Peri e.V. in ihrer Rede. Arzu Özmen wurde im November 2011 von ihrer eigenen Familie verschleppt und mit mehreren Kopfschüssen brutal ermordet.

 

Irmingard Schewe-Gerigk, Vorstandsvorsitzende von TERRE DES FEMMES, appellierte zudem an die Länder und Kommunen, für einen erhöhten Datenschutz der von „Ehren“-Mord bedrohten Frauen zu sorgen. „Ohne behördeninterne Verschlüsselung können Verwaltungsangestellte an die Daten der Betroffenen gelangen. Dadurch wird das Leben der Frauen aufs Spiel gesetzt.“ Der Fall Arzu Özmen ist hierfür ein eindrucksvolles Beispiel, da die Schwester der Ermordeten in der Stadtverwaltung Detmold arbeitete. Nur dank der umsichtigen Arbeitsweise von Arzu Özmens Anwältin konnte eine Anonymisierung ihrer Daten - ihres Aufenthaltsortes und ihrer neuen Identität - erreicht und damit dem Zugriff ihrer Schwester verwehrt werden. Bei anderen jungen Frauen, die vor ihrer Familie flohen, sorgten Lücken in der Anonymisierung dafür, dass diese von ihrer Familie gefunden und teilweise auch umgebracht wurden.

 

Zwar ist es möglich, eine zweijährige Auskunftssperre zu erwirken, damit die Behörden personenbezogene Daten nicht nach außen geben, doch muss dafür ein schriftlicher Beleg der Gefährdungssituation vorliegen. Persönliche oder telefonische Morddrohungen zählen nicht als Beweis, obwohl diese die Regel sind. „Auskunftssperren müssen unbefristet gelten und dürfen nur auf Wunsch der bedrohten Person aufgehoben werden. Der Schutz dieser Frauen muss oberste Priorität haben", fordern deshalb TERRE DES FEMMES und Peri e.V.

 

Am Montag, den 30. April 2012, begann der Prozess gegen vier Brüder und eine Schwester der getöteten 18-jährigen Arzu Özmen. Das Tatmotiv sei die verletzte Ehre der Familie gewesen. Die Familie konnte es nicht akzeptieren, dass Arzu Özmen einen deutschen Freund hatte.

 

Bisher sind neben dem Prozessauftakt vier weitere Verhandlungstage am 7./9./14. und 16. Mai angesetzt. Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9.00 Uhr. Eine Vertreterin von TERRE DES FEMMES wird bei den Prozesstagen anwesend sein.

 

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