Gerichtsbeobachtungen von peri e.V. zum Ehrenmord-Prozess im Fall Iptehal Z. / 15. März 2013

Der Prozess im Ehrenmord-Fall Iptehal hat am 15. März 2013 vor dem Landgericht Hagen begonnen. Angeklagt sind Iptehals Mutter, Asysa K., ihr Bruder Hüsein K. und ihre beiden Onkel Hussain K. und Mohamad A. Das Publikumsinteresse am ersten Prozesstag war gering, womöglich weil die Tat bereits rund 5 Jahre zurückliegt.

Dennoch waren zahlreiche Menschen, offenkundig aus dem Umfeld der Familie, als Zuschauer anwesend sowie einige Pressevertreter. Ein Andrang wie im Prozess um die ermordete Arzu Özmen aus Detmold war nicht zu verzeichnen.

Die Eröffnung der Verhandlungen

Der erste Verhandlungstag erschöpfte sich in der Aufnahme der Personalien der vier Angeklagten. Bis auf Iptehals Bruder sind alle Beteiligten in Syrien geboren. Der angeklagte Bruder war bei seiner Festnahme Auszubildender. Iptehals Onkel Hussain gab an, in Finnland ein Restaurant betrieben zu haben. Der andere Onkel, Mohamad, hat nach eigenen Angaben als Lehrer in Syrien gearbeitet und sich in Deutschland im Lebensmittelhandel selbstständig gemacht. Zuletzt soll er aber arbeitssuchend gewesen sein.

Gemäß der verlesenen Anklageschrift sollen die vier Familienmitglieder als Mittäter an der Ermordung von Iptehal verurteilt werden. Offenbar wurde Iptehals westlicher Lebensstil missbilligt und die Angeklagten sollen ihre Familienehre dadurch verletzt gesehen haben. Aus diesem Grund soll im „Familienrat“ die Ermordung der jungen Frau zur Wiederherstellung des Ansehens beschlossen worden sein, zumal diese inzwischen von zu Hause geflohen war.

Die Mutter lockt Iptehal ins Verderben

Mit ihrer westlichen Lebenseinstellung habe Iptehal den überkommenen Wertvorstellungen der Familie nicht entsprochen. Die junge Frau, die zum Tatzeitpunkt in einem Frauenhaus Unterschlupf fand, soll von ihrer eigenen Mutter, unter Falschangaben zum Tatort gelockt worden sein, wo bereits ein Todeskommando auf sie wartete.

Die Mutter wurde darüber hinaus noch wegen uneidlicher Falschaussage angeklagt. Sie hatte im Prozess gegen den Cousin Ezzedin (im Jahr 2010 zu 14 Jahren Haft verurteilt) ausgesagt, dass sie nichts gegen den Lebenswandel ihrer Tochter einzuwenden gehabt hätte und sie nie als "Schlampe" bezeichnete.

Anklage erst auf Druck der Staatsanwaltschaft

Das Landgericht Hagen hatte ursprünglich die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Mutter sowie einen Onkel abgelehnt. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt und das Oberlandesgericht Hamm hatte das Landgericht angewiesen, das Hauptverfahren auch gegen die Mutter und diesen Onkel zu eröffnen. Die Vorsitzende Richterin verlas den Beschluss des Oberlandesgerichts in voller Länge. Diesem war bereits zu entnehmen, das auch in diesem Fall wieder Telefonverbindungsdaten eine Rolle spielen werden. Gerade weil im 1. Prozess gegen den Cousin Ezzedin von Familienmitgliedern ausgesagt worden war, dass die Mutter nach dem Tod des Vaters das Familienoberhaupt war und nichts ohne ihr Wissen und ihre Billigung geschah. Aus diesem Grund nimmt das Oberlandesgericht Hamm eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung an.

Das Gericht erklärte noch, dass es keine Gespräche gegeben habe bezüglich eines Deals. Die Angeklagten erklärten über ihre Verteidiger, zumindest zunächst schweigen zu wollen.

Bislang sind 33 Verhandlungstage bis Ende Juni angesetzt. Aufgrund der hohen Termindichte werden wir diesen Prozess nicht an jedem Verhandlungstag vor Ort beobachten können. Wir werden jedoch zu diversen, ausgewählten Prozesstagen im Gericht sein und darüber berichten.

Das Verfahren wird am 21. März 2013 mit den ersten Zeugenvernehmungen fortgesetzt.

Brigitta Biehl
2. Vorsitzende peri e.V.
Hagen, 15.03.2013
 
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